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Autoindustrie: Software für immer größeren Anteil des Wachstums verantwortlich

Schon seit Jahren ist ein Wandel in der Automobilindustrie spürbar: Automobilkonzerne entwickeln sich zunehmend in Tech-Firmen. Immer ausgeklügeltere Fahrassistenzsysteme kommen serienmäßig in Neuwagen zum Einsatz. Die Softwares sollen die Autos effizienter und sicherer machen, dabei das Fahrgefühl verbessern, Stress reduzieren und in Zukunft vermehrt internetgestützt operieren. Auf lange Sicht sollen die Autos im Verkehr miteinander kommunizieren können – ein wichtiger Schritt hin zum autonomen Fahren. Der Anteil von Software am Wachstum der Automobilindustrie wird auf bis zu 90 Prozent beziffert. Experten erwarten, dass der Markt für Automobil-Software von 18 Mrd. US-Dollar in 2018 bis 2025 auf 52 Mrd. steigen wird. Der Wandel in der Branche stellt Autohersteller vor ungeahnte Herausforderungen.

Autobauer stehen vor Jahrhundertaufgabe

Das Rennen um fortschrittlichste Technologien und revolutionäre Patente läuft längst. Der Hauptfokus liegt dabei in Elektromotoren und (teil-)autonomem Fahren. Wer keine Investitionen in die Entwicklung immer komplexerer Fahrassistenzsysteme tätigt, droht, zurückzufallen. Eine Erfolgsgarantie gibt es dabei nicht: Der deutsche E-Auto-Markt stagniert aufgrund fehlender Ladesäulen, beim autonomen Fahren sind noch immer viele rechtliche Fragen ungeklärt. Die Unsicherheit ist groß, die Veränderungen tiefgreifend. Autohersteller könnten sich in den nächsten Jahrzehnten zu Mobilitätskonzernen wandeln, aus den Hardware- werden Softwareunternehmen. Fehler können die Autobauer sich dabei nicht erlauben: Funktioniert eine sicherheitsrelevante Software in einem PKW nicht einwandfrei, hat das weitaus gefährlichere Folgen als etwa der Absturz eines Heim-PCs. Nach jedem Unfall muss das Vertrauen der Kunden zurückgewonnen werden.

Veränderung birgt auch Chancen

Die Digitalisierung birgt Chancen für Automobilhersteller. Die software-basierten Segmente bieten viele Möglichkeiten für neue Patente. Hier entstehen Innovationen in einem wesentlich rapideren Tempo als im klassischen Fahrzeugbau. Um mithalten zu können, haben Autokonzerne immer auch ein Auge auf Start-ups. Die kleinen Innovationstreiber sind wichtige Kooperationspartner und verfügen über hochqualifizierte Fachkräfte, was sie zu teilweise einflussreichen Playern in der Branche macht.

Steigen IT-Unternehmen in die Automobilbranche ein?

Da Software einen immer größeren Teil der Automobilbranche ausmacht, ist es nicht überraschend, dass sich eine steigende Zahl von IT-Unternehmen in den lukrativen Automarkt interessiert. Google-Muttergesellschaft Alphabet arbeitet mit dem Tochterunternehmen Waymo an autonomen Fahrzeugen. Obwohl Gerüchte um ein „iCar“ immer wieder aufflammen, arbeitet Apple gerade an keinem eigenen Auto. Stattdessen entwickelt der Tech-Gigant Software und Elektronik für Fahrzeuge in Kooperation mit anderen Fahrzeugherstellern. Berichten zufolge versuchte Apple sogar, Tesla zu übernehmen: Ein Vorhaben, das dann doch abgebrochen wurde. Vom Fahrzeugbau selbst hält sich Apple derzeit aber noch fern.

Bewegen wir uns weg vom eigenen Auto?

Nicht nur die anspruchsvollere Elektronik verändert die Branche. Auch das Kaufverhalten könnte sich ändern. Im Verlauf des vergangenen Jahres stieg die Zahl der Carsharing-Kunden in Deutschland auf 2,46 Millionen – 350.000 mehr als im Vorjahr. Die Zeichen stehen auf Wachstum. Dass sich die Mehrheit vom eigenen Auto verabschieden wird, scheint allerdings besonders im Autoland Deutschland schwer vorstellbar. Der massenweise Umstieg auf Carsharing-Angebote wird zwar gern prognostiziert – diese Einschätzungen stammen aber meist von Techvisionären, die in Großstädten leben und sich an die dort vorhandene Infrastruktur gewöhnt haben. Fast 70 Prozent der Deutschen leben allerdings in Orten, die weniger als 100.000 Einwohner haben. Für all diese Menschen, genau wie für Automobilliebhaber und die meisten Familien, bleibt ein eigenes Auto unverzichtbar.

Digitalisierung verändert Städte

Wahrscheinlicher als eine Abkehr vom eigenen Auto ist da schon der Wandel hin zum autonomen Fahren: Das ambitionierte Pilotprojekt der Taxi-App Uber, seine Passagiere mit selbstfahrenden Autos an ihren Bestimmungsort zu bringen, scheiterte zwar. Es illustrierte aber auch die Richtung, in der die Innovateure aus Silicon Valley die Zukunft des Autos sehen. Es ist unwahrscheinlich, dass das Experiment Ubers das letzte seiner Art bleiben wird. Tech- und Autobranche experimentieren mit verschiedensten Konzepten für die Smart Cities der Zukunft: So sollen Autos beispielsweise mit Ampeln oder Parkhäusern kommunizieren können. Um sich überhaupt mit solchen Szenarien beschäftigen zu können, sind die Autokonzerne vermehrt auf IT-Experten angewiesen. Gleichzeitig werden die Prozesse in den Werken weiter automatisiert. Die Produktionsstätten von BMW, VW und Co. könnten also schon bald mehr mit denen Microsofts gemein haben als mit den Fabriken zu Zeiten Henry Fords.